Partizipatives GIS

1. Was ist ein partizipatives Geoinformationssystem (PGIS)?

Bei Innovationen oder Planungen mit einem landschaftlichen Bezug können Geoinformationssysteme (GIS) genutzt werden, um Menschen an Entscheidungen zu beteiligen und/oder ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Mit GIS ist es möglich, räumliche Informationen zugänglich zu machen, sie kommentieren zu lassen oder auch neue Ideen zu entwickeln. Das Ziel eines partizipativen GIS ist es somit, räumliche Ideen und Planungen zu reflektieren, zu diskutieren und transparenter zu machen, um dadurch Konflikte zu minimieren. [1] Für bestehende Konflikte und bekannte Herausforderungen können durch das gemeinsame Kartieren Lösungen entwickelt werden. Des Weiteren können mit Hilfe von Karten auch gemeinsam neue Ideen entwickelt und diese dann räumlich visualisiert werden.
Partizipatives GIS kann auch in Verbindung mit anderen Beteiligungsformen zum Einsatz kommen. Eine interaktive Karte kann beispielsweise als Kernkomponente eines Online-Beteiligungsportals verwendet oder Web-GIS mit sozialen Medien kombiniert werden. [2] Neben partizipativem GIS gibt es noch weitere Formen des partizipativen Kartierens. Die Spannbreite reicht von nicht maßstabsgetreuen, auf den Boden gezeichneten Skizzen über partizipative 3D-Modellierung oder GPS-Kartierung bis hin zu internetbasiertem Kartieren. [3]

2. Wie kann man mit partizipativem GIS die Akzeptanz steigern?

Interaktive Karten können Menschen dazu anregen, sich mit landschaftsbezogenen Fragestellungen zu beschäftigen und sich in Entscheidungen einzubringen. [4] Bei Fragestellungen mit räumlichem Bezug kann es für Akteure einfacher sein, eine Karte zu kommentieren, als ihre Bedenken, Erfahrungen und das eigene Wissen ohne diese Hilfestellung in einem reinen Textformat zu formulieren. Eventuellen Missverständnissen, auf welchen Ort sich ein konkreter Lösungsvorschlag oder Kommentar bezieht, kann vorgebeugt werden. Vielfältige Visualisierungsmöglichkeiten unterstützen die Informationsübermittlung in beide Richtungen. [5] Partizipatives GIS trägt somit zu einer verbesserten und transparenteren Kommunikation bei. Es unterstützt auch die Identifikation von flächenbezogenen Konflikten und kann den Austausch und die Vermittlung zwischen den Konfliktparteien unterstützen. [6] Außerdem kann es dabei helfen, die Altersgruppe der sogenannten „Digital Natives“ für eine Beteiligung zu motivieren. [7]

3. Planung, Durchführung und Nachbereitung

Für partizipatives GIS gibt es heutzutage eine Vielfalt an technischen Möglichkeiten. Die Wahl geeigneter Methoden und Tools hängt von Ihrer Fragestellung, Zielgruppe und der geplanten Weiterverwendung der erstellten Karte(n) ab. [8] Für die Planung ist es hilfreich, sich zunächst folgende Fragen zu stellen:

  • Karteneigenschaften: Was soll in der Karte dargestellt werden?
  • Stichprobe: Wer soll beteiligt werden?
  • Ziel: Was soll mit der Kartierung erreicht werden?
  • Technik: Wie wird die Karte erstellt? Welche Funktionalitäten sollen dem Nutzer zur Verfügung stehen? Soll die Karte auch oder vor allem für mobile Endgeräte optimiert werden? [9]
  • Auswertung: Wie wird der nutzergenerierte Inhalt ausgetauscht bzw. weiterverarbeitet? [10]

Zudem ist zu entscheiden, ob ein Web-GIS genutzt werden soll oder die Teilnehmenden eingeladen werden und im Rahmen eines Workshops o. Ä. mithilfe von GIS Karten erstellen, bearbeiten und/oder kommentieren. Als besondere Form wären bei persönlicher Anwesenheit der Teilnehmenden auch Gruppentechniken denkbar, bei denen Fokusgruppen gemeinsam Karten erstellen. [11] Für eine Online-Beteiligungsplattform, die Web-GIS nutzt, werden modulare Systeme empfohlen[12], mit denen verschiedene Bausteine miteinander verknüpft werden können. Technisch gesehen können sie beispielsweise aus den folgenden Bausteinen bestehen:

  • einem Content Management System (CMS) zur Verwaltung der Inhalte der Webseite,
  • einem System zur Verwaltung der Rollen und Rechte der verschiedenen Nutzergruppen,
  • einem Web-GIS, das die Karte bereitstellt und durch das die Karteninhalte bearbeitet werden können
  • eine Dokumentenverwaltung, die alle vorhandenen Informationen (Karte, Kommentare, etc.) enthält und auffindbar macht. [13]

Unabhängig davon, ob ein Online- oder ein Workshop-Format genutzt wird, gibt es vielfältige technische Möglichkeiten, die in Verbindung mit GIS genutzt werden können. In vielen Fällen kann die Einbindung von Multimedia (Bilder, Ton, Video) hilfreich sein. [14] Mithilfe von „Augmented Reality“ kann unter anderem dargestellt werden, wie sich Innovationen zukünftig auf räumliche Gegebenheiten (z. B. auf das Landschaftsbild) auswirken können. [15] Außerdem sollte geprüft werden, ob die Verknüpfung mit Sozialen Medien sinnvoll ist, z. B. um die Zielgruppe besser zu erreichen und die Teilnahme am Partizipationsprozess für Interessierte zu vereinfachen.

Wenn die Teilnehmenden eingeladen werden und vor Ort kartieren sollen, ist die Vor- und Nachbereitung ähnlich wie bei anderen Workshop-Formaten. Zusätzliche Ansprüche entstehen aus der Verwendung von GIS, weshalb Mitarbeitende vor Ort sein müssen, die Erfahrung in der Nutzung von GIS haben. Sowohl bei der Durchführung vor Ort als auch online muss der Prozess moderiert werden und es sollte darauf geachtet werden, die Teilnehmenden um Feedback zu bitten.

In der Nachbereitung ist einer der Vorteile von partizipativem GIS, dass die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses räumlich analysiert und visualisiert werden können. Durch GIS wird es möglich, räumliche Beziehungen zwischen verschiedenen Themen aufzuzeigen.

4. Was zu beachten ist

Ausschlaggebend für den Erfolg der Beteiligung ist u. a., wie bedienungsfreundlich die Anwendung ist. [16] Zu komplexe Anwendungen können abschreckend wirken oder eine Teilnahme durch technische Hindernisse ausschließen. Gleiches gilt, wenn die Anwendung nicht vollständig webbasiert funktioniert, sondern die Installation eines Programmes notwendig ist. Eine weitere Herausforderung GIS-basierter Beteiligungsformen ist die Sicherung der Datenqualität. Deswegen ist zu prüfen, ob eine Authentifizierung sinnvoll ist, und wenn ja in welcher Form (z. B. Versenden eines Zugangscodes). Bei regional bezogenen Beteiligungsprozessen kann die Regionszugehörigkeit mittels Freischaltcode oder GPS-Koordinaten geprüft werden. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass der Datenschutz gewährleistet ist. Wenn die Möglichkeit anonymer Äußerungen erwünscht ist, muss geprüft und informiert werden, wie diese Anonymität gewährleistet werden kann. [17]

Auch wenn die Internetnutzung in Deutschland inzwischen sehr weit verbreitet ist, ist bei Online-Beteiligungsformen davon auszugehen, dass bestimmte Gruppen von der Beteiligung ausgeschlossen werden. Wenn eine Beteiligung der „breiten Öffentlichkeit“ gewünscht ist, sollte dies beachtet werden. Bei einer enger definierten Zielgruppe lässt sich hingegen besser abschätzen, ob die Internetnutzung vorausgesetzt werden kann. Insbesondere bei der Beteiligung einer großen Zielgruppe ist eine Moderation notwendig, die neue Beiträge sichtet und Spam sowie unangemessene Kommentare entfernt oder gar nicht erst freischaltet.

5. Ressourcenaufwand

Der Finanzrahmen ist sehr stark abhängig davon, welche technische Lösung gewählt wird. Je mehr Funktionen geboten werden sollen, desto mehr finanzielle Ressourcen müssen aufgewendet werden. Auch die benötigten personellen Ressourcen variieren je nach Umfang der Beteiligung. Wenn alle Beiträge geprüft werden sollen (z. B. um Spam zu vermeiden), kann dies mit einem sehr hohen Aufwand verbunden sein und gegebenenfalls bedeuten, dass eine oder gar mehrere Personen zur Systembetreuung benötigt werden. Die Durchführung eines partizipativen GIS setzt entsprechende technische Kenntnisse und Fähigkeiten voraus.

6. Weiterführende Links und Literatur

Allgemein zu partizipativem GIS:
Lipski, Astrid und Hachmann, Roland: Interaktive Beteiligung – aktueller, technischer Status Quo. IP SYSYCON GmbH (2015). Online verfügbar: https://www.umwelt.uni-hannover.de/fileadmin/institut/Forschungsprojekte/ILP_Publikation_Lipski_Hachmann_neu.pdf (Stand 01.12.18).
Corbett, Jon: Good practices in participatory mapping. A review prepared for the International Fund for Agricultural Development (IFAD). Rom: IFAD (2009). Online verfügbar: http://www.iapad.org/wp-content/uploads/2015/07/ifad_good_practice_in-participatory_mapping.pdf (Stand 01.12.18).

Beteiligungskompass:
http://www.beteiligungskompass.org/article/show/179

PPGIS:
http://www.ppgis.net

Trainings-Kit zu partizipativem GIS:
http://pgis-tk-en.cta.int